Berlin ist eine Stadt voller Kontraste, Geschichte und unzähliger Facetten. Während viele Besucherinnen und Besucher das Brandenburger Tor, den Fernsehturm oder den Potsdamer Platz kennen, gibt es daneben noch zahlreiche Orte, die selbst vielen Einheimischen nicht unbedingt geläufig sind. Genau diese verborgenen Schätze, die nicht sofort in jedem Reiseführer groß angepriesen werden, machen den besonderen Reiz der Hauptstadt aus. Wenn ihr also Lust habt, abseits der klassischen Tourismus-Hotspots Neues zu entdecken, findet ihr hier ein paar echte Berlin-Geheimtipps. Diese Liste entstand in über zehn Jahren Berlin-Erfahrung und durch viele Gespräche mit eingefleischten Berlinerinnen und Berlinern – und sie ist ideal, um euren nächsten Hauptstadt-Trip unvergesslich zu gestalten.
Doch psst: Verratet diese Tipps nicht allzu laut weiter! Sonst werden aus den ruhigen Ecken rasch überfüllte Hotspots – und der Charme der „versteckten Perlen“ geht möglicherweise verloren.
Die Berliner Mauer ist Teil der Weltgeschichte und hat die Stadt über Jahrzehnte geprägt. Wer heute nach Berlin kommt, will oft einen Blick auf die Überreste der Mauer werfen. Neben Klassikern wie der East Side Gallery gibt es jedoch einen Ort, an dem das damalige Ausmaß – und das damit verbundene Leid – viel greifbarer wird: die Bernauer Straße.
Hier erlebt ihr nicht nur ein paar bemalte Mauersegmente oder künstliche Inszenierungen, sondern könnt euch über einen Kilometer lang direkt am ehemaligen Verlauf entlangbewegen. Informationstafeln, Bildschirme und Audio-Stationen erklären detailliert, wie unmenschlich diese Trennung war und welche Fluchtversuche manche Ost-Berlinerinnen und Ost-Berliner wagten. Besonders eindrucksvoll ist der originalgetreu rekonstruierte Mauerabschnitt.
Gleich gegenüber (kostenlos zugänglich) gibt es einen Aussichtsturm, von dem aus man genau auf das frühere Grenzgebiet sehen kann. Hier wird deutlich, wie tödlich ernst der Todesstreifen einst war, der Menschen über Jahrzehnte voneinander getrennt hat.
Die Gegend ist bequem erreichbar:
Die Strecke bis zum Nordbahnhof zu laufen, lohnt sich: Unterwegs kann man in Ruhe jede Station der Gedenkstätte anschauen und die historischen Zusammenhänge der Teilung begreifen.
Offizielle Website: www.berliner-mauer-gedenkstaette.de/de/
Spätestens seit dem Lied „Ärzte am Wannsee“ oder aufgrund der historischen Wannsee-Konferenz verbindet fast jede und jeder den Wannsee mit Berlin. Doch der Berliner Südwesten rund um den Wannsee ist im Sommer sehr belebt, und es tummeln sich oft mehr Menschen als einem lieb ist. Eine ruhige und mindestens genauso reizvolle Alternative liegt im Südosten der Stadt: der Müggelsee.
Der Müggelsee ist der größte der Berliner Seen und bietet eine willkommene Pause von der städtischen Hektik. Im Sommer kann man hier schwimmen, Boot fahren oder an der Uferpromenade entlangspazieren. Die Atmosphäre ist familiärer und weniger mondän als am Wannsee – perfekt, wenn ihr es entspannt mögt und abseits der ganz großen Massen unterwegs sein wollt.
Früher war das Strandbad Müggelsee eine absolute Institution. Heute ist es zwar etwas in die Jahre gekommen, aber immer noch ein schöner Ort zum Sonnenbaden und Planschen. Mit der S-Bahn-Linie S3 geht es vom Bahnhof Ostkreuz aus direkt in Richtung Friedrichshagen (Ausstieg: S-Bahnhof Friedrichshagen). Ein kleiner Spaziergang führt euch zum Strandbad. Ob ihr auf der Wiese chillt oder im klaren Wasser schwimmt – ein Hauch von Urlaub kommt hier definitiv auf.
Location: Müggelsee, Berlin-Köpenick
Wenn man an Venedig denkt, hat man sofort die Gondeln und die kleinen Kanäle vor Augen. In Deutschland fällt vielen bei „Wasser-Labyrinthen“ der Spreewald ein – doch nur wenige wissen, dass es auch in Berlin selbst eine malerische Gegend mit dem Spitznamen „Neu-Venedig“ gibt.
„Neu-Venedig“ befindet sich im Ortsteil Rahnsdorf und ist schlichtweg ein kleines Naturparadies. Es handelt sich um ein Gebiet mit verzweigten Kanälen, teils direkt angebunden an die Spree. Wer Ruhe sucht und die Seele baumeln lassen möchte, kommt hier auf seine Kosten. Das Mieten eines Kajaks oder Kanus ist der ideale Start, um diese idyllischen Wasserwege zu erkunden.
Bei schönem Wetter locken diverse Restaurants direkt an den Ufern der Kanäle. Wer Hunger verspürt, paddelt einfach ans Ufer, vertäut das Boot und genießt auf einer sonnigen Terrasse kühle Getränke und regionale Speisen.
Einfach mit der S-Bahn-Linie S3 vom Bahnhof Ostkreuz bis Rahnsdorf fahren. Von dort aus sind es nur wenige Gehminuten nach „Neu-Venedig“. Auch für Berlinerinnen und Berliner, die nur einen Tagesausflug machen möchten, ist das ein schöner Tipp, um mal eine ganz andere Seite der Großstadt kennenzulernen.
Location: Neu-Venedig, Berlin-Rahnsdorf
Das Berliner Olympiastadion ist zwar geschichtsträchtig und architektonisch interessant, doch wer das ultimative Fußballgefühl sucht, wird dort oft enttäuscht. Es ist groß, weitläufig und oft wenig stimmungsvoll, weil die Zuschauertribünen ziemlich weit vom Rasen entfernt sind. Die Alternative liegt im Südosten der Stadt: Das Stadion An der Alten Försterei, Heimat des 1. FC Union Berlin.
Ein Highlight: Viele Fans von Union haben beim Ausbau des Stadions tatkräftig mitgewirkt und beispielsweise Tribünen eigenhändig renoviert. Das sorgt natürlich für eine emotionale Verbundenheit der Anhängerschaft mit „ihrem Wohnzimmer“.
Im Stadion gibt es 3 von 4 Tribünen mit Stehplätzen, was heutzutage in großen Ligen ziemlich außergewöhnlich ist. Die Stimmung ist daher besonders laut und intensiv. Sollte man es schaffen, an Tickets für ein Heimspiel zu gelangen, darf man sich auf Gänsehaut pur freuen.
Die Alte Försterei liegt im Berliner Stadtteil Köpenick und damit praktischerweise unweit des Müggelsees und von Neu-Venedig. Wer einen Fußballtag erleben will, kann das gut mit einem Abstecher ins Grüne verbinden.
Location: An der Alten Försterei, Berlin-Köpenick
Der Fernsehturm am Alexanderplatz ist ein ikonisches Wahrzeichen Berlins. Viele wollen hoch hinaus, doch das ist mit einer langen Wartezeit und rund 13 Euro Eintritt verbunden. Noch dazu seht ihr den Fernsehturm auf der Aussichtsetage selbst nicht mehr.
Gleich gegenüber vom Fernsehturm, am Alexanderplatz, befindet sich das Hotel Park Inn. Im Erdgeschoss müsst ihr nur kurz am Empfang vorbei zum Aufzug, wo man für circa 4 Euro bis ganz nach oben fahren kann. Zwar ist die Plattform etwas kleiner als die Aussichtsplattform des Fernsehturms, doch ihr profitiert von folgenden Vorteilen:
Ob ihr tagsüber oder nachts fahrt – der Ausblick ist großartig. Bei Sonnenuntergang taucht die tief stehende Sonne Berlin in ein goldenes Licht, abends wirkt die Stadt wie ein funkelndes Lichtermeer.
Website: www.parkinn-berlin.de
Ursprünglich befand sich im Foyer des Radisson Blu Hotels (in unmittelbarer Nähe zum Berliner Dom) ein gigantisches Aquarium namens „Aquadom“. Es handelte sich um das größte zylindrische Aquarium weltweit. Durch einen gläsernen Fahrstuhl konnten Besucherinnen und Besucher quasi „mitten durch“ das Wasser fahren und dabei bunte Fische beobachten.
Wer nicht die teuren Tickets fürs Sea Life Berlin zahlen wollte, konnte sich das Spektakel damals sogar von außen ansehen. Ein Gang in die Hotellobby reichte oft aus, um einen Blick auf das wimmelnde Unterwasserleben zu erhaschen.
Im Winter 2022 passierte das Unglück: Der Aquadom barst aus noch immer nicht abschließend geklärten Gründen und eine enorme Menge Wasser ergoss sich in die Umgebung. Seitdem ist dieses Highlight leider Geschichte und steht nicht mehr zur Verfügung.
Location: Ehemaliger Aquadom im Radisson Blu Hotel (geschlossen)
Viele Touristenbusse fahren eine Schleife zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten, was durchaus praktisch ist – allerdings kostet so eine Tour oft 20 Euro oder mehr. Mit den normalen Bussen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) könnt ihr jedoch die gleiche Route in etwa genießen und zahlt nur das reguläre BVG-Ticket.
Die Buslinien 100 und 200 sind meist Doppeldecker, sodass ihr bei einer Oberdeck-Fahrt eine tolle Aussicht habt. Auf der Strecke liegen unter anderem:
In 30 bis 40 Minuten bekommt ihr also bereits einen guten Überblick über die Hälfte aller bekannten Berliner Wahrzeichen. Wer mag, kann natürlich an jeder Haltestelle aussteigen, sich in Ruhe umsehen und später mit dem nächsten Bus weiterfahren.
Der Zoologische Garten in der City-West (nahe Bahnhof Zoo) ist bekannt und oft Teil der klassischen Berlin-Reise. Doch der Eintritt ist relativ hoch, die Wege sind voller Besucherinnen und Besucher, und am Wochenende fühlt man sich manchmal etwas gehetzt.
Wer Tiere sehen und dabei möglichst viel Platz haben will, sollte in den Tierpark Berlin im östlichen Stadtteil Friedrichsfelde fahren. Dieser Tierpark ist flächenmäßig der größte Landschaftstierpark in Europa und bietet genügend Raum, um stundenlang zu verweilen. Hier verteilen sich die Gäste auf einem riesigen Gelände, was die Atmosphäre deutlich entspannter macht als im Zoo.
Der Tierpark Berlin ist wirklich weitläufig. Wer möchte, kann in einem Tag längst nicht alles sehen, es sei denn, man sprintet von einem Gehege zum nächsten. Wer sich auf einen gemütlichen Rundgang einlässt, hat zwei Tage gut zu tun. Für Familien mit Kindern sind außerdem die Spielplätze und Streichelzoos ein Highlight.
Falls euch beim Zoo am Bahnhof Zoologischer Garten besonders die Affen interessieren: Ein lustiger Tipp am Rande ist das Bikini-Haus (direkt gegenüber dem Zoogelände). Von dort kann man im Erdgeschoss an einer Glasfront die Affeninsel im Zoo zumindest teilweise sehen – und zwar kostenfrei und in aller Ruhe.
Der Berliner Hauptbahnhof wurde 2006 eröffnet und zwar an einer Stelle, die lange Zeit als eher „abgelegen“ galt. Zwar ist er repräsentativ und modern, doch wer in einem Stadtviertel wohnt, das entweder weiter südlich oder nördlich liegt, kann mitunter viel Zeit sparen, wenn er bereits vorher aus dem Zug aussteigt.
Wer zum Beispiel in Neukölln, Tempelhof oder Kreuzberg unterkommt, kann überlegen, am Bahnhof Südkreuz aus dem Fernzug zu steigen. Das kann die Anreise per S-Bahn, Bus oder Taxi abkürzen.
Wohnt ihr in Wedding, Prenzlauer Berg oder Pankow, ist es womöglich einfacher, bereits am Bahnhof Gesundbrunnen auszusteigen (falls euer Zug dort hält). Viele Fernverbindungen nach Hamburg, Rostock oder Stralsund legen mittlerweile auch hier einen Stopp ein.
Der Flughafen BER ging nach langem Hin und Her, Verzögerungen und Baupannen schließlich Ende 2020 ans Netz. Die Corona-Pandemie tat ihr Übriges und sorgte für weniger Passagieraufkommen als ursprünglich kalkuliert. Terminal 5, das frühere Schönefeld-Terminal, ist seither vorübergehend geschlossen.
Wer zum ersten Mal am BER ankommt und sich fragt, wie er am besten ins Berliner Zentrum gelangt, dem sei von der S-Bahn abgeraten. Die Fahrt mit der S9 oder S45 hält gefühlt an jeder Milchkanne, weshalb ihr ewig braucht.
Nehmt stattdessen den Flughafenexpress (FEX) oder eine der Regionalbahnen (RE7, RB14), die meist vom gleichen Bahnsteig starten. Diese Züge sind zwar manchmal etwas versteckt ausgeschildert, aber ihr seid dafür in etwa 30 Minuten direkt im Zentrum – zum Beispiel am Berliner Hauptbahnhof oder am Bahnhof Gesundbrunnen.
Nun, da ihr ein paar echte Insider-Spots kennt, stellt sich die Frage, was ihr mit dem restlichen Besuchsprogramm anfangt. Berlin hat natürlich unzählige weitere Ecken und Erlebnisse zu bieten – von Kultur über Nachtleben bis hin zu kulinarischen Entdeckungen. Hier ein paar weitere Ideen, die euren Aufenthalt abrunden können:
Berlin ist eine Stadt, die ständig im Wandel ist. Historische Ereignisse haben die Metropole geformt und die Spuren dieser Vergangenheit sind an vielen Ecken noch direkt erlebbar. Hinzu kommen moderne Entwicklungen, eine lebhafte Kunst- und Kulturszene und die unbändige Kreativität, die diese Stadt versprüht.
Die oben genannten Tipps sind eine Mischung aus historischen Gedenkstätten, architektonischen Kuriositäten, Naturerlebnissen und echten Geheimtipps für Fußballduelle und Aussichtspunkte. Entscheidend ist jedoch: Wenn ihr diese Plätze besucht, werdet ihr Berlin mit anderen Augen sehen als der Großteil der Tourist*innen, die sich meist nur auf die bekannten Sehenswürdigkeiten konzentrieren.
Gerade Orte wie die Bernauer Straße, Neu-Venedig oder der Müggelsee vermitteln ganz unterschiedliche Eindrücke: Hier trefft ihr Einheimische, die euch vielleicht Geschichten aus ihrem Kiez erzählen oder ein paar weitere Vorschläge für nahegelegene Highlights geben. Wer zudem auf kulinarische Entdeckungstour geht, findet bestimmt sein neues Lieblingsrestaurant abseits von Berliner Weißwurst-Klischees oder Currywurst-Buden.
Nicht zuletzt ist die Stadt ein Paradies für spontanes Entdecken: Überall gibt es Straßenmusiker, kleine Hinterhöfe voller Street Art oder versteckte Parks, die in keinem klassischen Reiseführer zu finden sind. Egal, ob ihr lieber zu Fuß durch die Gassen schlendert oder euch in den Trubel einer Tanzbar stürzt, Berlin bietet immer neue Facetten.
Mit diesen ausführlichen Tipps seid ihr optimal gerüstet, um Berlin im Jahr 2024 auf eine Art und Weise zu erleben, die euch nachhaltig begeistert. Von historischen Schauplätzen wie der Bernauer Straße, über Natur-Oasen am Müggelsee und in Neu-Venedig, bis hin zum Fußballfieber in der Alten Försterei gibt es für jeden Geschmack etwas zu entdecken – und das jenseits der Massen, die an klassischen Touristenpunkten Schlange stehen.
Natürlich könnt ihr euch auch an verregneten Tagen mit Berliner Kultur, Museen und Galeriebesuchen auseinandersetzen oder euch in das bunte Nachtleben stürzen. Vielleicht verbringt ihr gleich mehrere Wochen in der Stadt und probiert jeden Tag etwas Neues aus – Berlin ist schließlich ein Kaleidoskop der Möglichkeiten, und gerade deshalb ist und bleibt es für viele die aufregendste Stadt Deutschlands.
Also los! Schnürt eure Schuhe, packt die Kamera ein und wagt euch in die noch unbekannten Ecken der Hauptstadt. Und wenn ihr wieder abreist, habt ihr hoffentlich nicht nur coole Fotos geschossen, sondern auch ein tieferes Verständnis dafür, was Berlin wirklich ausmacht: eine Stadt, die immer wieder neu überrascht, die Geschichte und Modernität vereint und in der sich jeder seine ganz persönlichen Lieblingsplätze erschließen kann.
Viel Spaß beim Erkunden und Entdecken – und denkt daran, ein wenig Diskretion kann helfen, die echten Geheimtipps noch ein bisschen länger zu bewahren. Wer weiß, vielleicht seid ihr bald die Ersten, die einen neuen, gänzlich unentdeckten Berlin-Ort entdecken und ihn in eure ganz persönliche Liste aufnehmen.
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